Stellungnahme des Bürgermeisters zum „offenen Brief“ Vareler Unternehmer

Stellungnahme des Bürgermeisters
zum „offenen Brief“ Vareler Unternehmer

Sehr geehrte Vareler Unternehmerinnen und Unternehmer,

zunächst vielen Dank für den offenen Brief an die Stadt Varel. Ich gehe davon aus, dass dieser sowohl an die Ratsmitglieder als auch an den Bürgermeister adressiert ist. Gerne antworte ich in meiner Funktion als Bürgermeister.

Zunächst eines vorweg: Eine Stadt funktioniert nicht ohne Wirtschaft, wie Wirtschaft nicht ohne eine Stadt funktioniert. An dieser Stelle ist festzuhalten, dass wir großartige Unternehmen in Varel haben, nicht nur die großen, sondern insbesondere auch die vielen kleinen Unternehmen. Darüber sind sich alle Ratsmitglieder und Parteien einig. Die Mitarbeitenden all dieser Unternehmen sind größtenteils gleichzeitig Bürger/innen der Stadt, die erwarten, dass die Angebote an üblichen städtischen Dienstleistungen vorhanden sind.

Eine Mehrheit im Rat der Stadt Varel hat nun, ihrer politischen Verantwortung entsprechend, einen Haushalt samt einer Erhöhung von Grund- und Gewerbesteuern beschlossen. Als derjenige, der an fast allen Sitzungen teilgenommen hat, darf ich festhalten, dass darum hart, über Monate hinweg und teilweise stundenlang gerungen wurde. Ich betone: Kein Ratsmitglied erhöht leichtfertig die Steuern, dieser Schritt ist immer nur das letzte Mittel!

Warum war dieser Schritt in diesem Jahr notwendig? Hier möchte ich zunächst drei konkrete Aspekte anführen:

  1. Enorme Kostensteigerungen im Bereich der Personalkosten aufgrund von Tarifsteigerungen (ca. 1,5 Mio. Euro)
  2. Hohe Kreisumlage, da auch der Landkreis Kostensteigerungen unterworfen ist und seinen
    „Verlust“ gesetzeskonform über die gemeindliche Ebene kompensiert werden muss (plus ca. 800.000 Euro)
  3. Wegfall von Mitteln aus dem staatlichen Finanzausgleich (ca. sieben Millionen Euro)

 

Schon allein diese drei Bereiche bescherten der Stadt 2024 ein Minus von rund 9,3 Millionen Euro. Ein Haushaltsausgleich war ohne Steuererhöhung illusorisch, eine Genehmigung durch den Landkreis schon gar nicht. Einsparungen, wie jetzt von der Opposition vorgetragen, wären ein Tropfen auf den heißen Stein gewesen.

Die Mehrheitsgruppe hat sich entschieden, nach ausführlicher Diskussion im Rahmen des Haushalts 2025 strukturell gegenzusteuern.
Ihr offener Brief zeigt, dass sie sich mit den Themen der Stadt intensiver auseinandersetzen wollen. Dies ist ein guter Weg. Diskussionen zu den angesprochenen Themen müssen erfolgen, Grundlage dafür muss ein Dialog auf Augenhöhe sein. Dazu bedarf es einer guten Faktenlage, wie sie auch für unternehmerische Entscheidungen wichtig ist.

Es würde den Rahmen an dieser Stelle sprengen, wenn ich auf alle Punkte des offenen Briefes umfänglich antworten würde.
Ich werde daher im Rahmen eines Faktenchecks die einzelnen Punkte in den nächsten Tagen aufgreifen. Um zu zeigen, wie wichtig Fakten sind, nur zwei Beispiele:
Übernachtungszahlen in Dangast sinken: Diese Aussage ist schlicht falsch. Niemand hat mit unserem Kurdirektor Kontakt aufgenommen, um die konkreten Zahlen zu erfragen. Die Übernachtungen in Dangast sind in den letzten 13 Jahren gestiegen, von 550.000 (2011) auf über 700.000 (2023). Auch für 2024 bestätigen sich die Zahlen.
Übrigens: Diese 150.000 Übernachtungen bringen jährlich eine Bruttowertschöpfung von ca. 10 Millionen Euro für unsere Region und natürlich für unsere Unternehmen.

Fremdenverkehrsabgabe: Die Aussage, „dass die Abgabe mehr Aufwand als Ertrag bringt“, ist nicht belegbar.
Ein Blick in die Produktblätter des öffentlich zugänglichen Haushalts bestätigt dies offenkundig.

Wir sollten den Unmut zum Anlass nehmen, um gemeinsam wie von Ihnen vorgeschlagen zu diskutieren, bevor in der Presse ein Bild erzeugt wird, dass viele Bürgerinnen und Bürger verwirrt und eher schädlich als förderlich für unsere Stadt ist. Denn neben veranschlagten Millioneninvestitionen in die Grundschulen samt Ermöglichung von Ganztagsbeschulung, der Erhaltung einer im städtischen Eigentum und unter Denkmalschutz stehenden Güterhalle als Bestandteil des dann kompletten Bahnhofsensembles (90%-Förderung und damit Einsparung eigener Sanierungsmittel) und diversen weiteren Projekten und Maßnahmen, muss es doch um eines gehen: wie erreichen wir es, die positiven Aspekte unserer Stadt, die ich immer wieder bei Neubürgerempfängen und anderen Gesprächen höre, zum Strahlen zu bringen bzw. zu erhalten.

Mit freundlichen Grüßen

Gerd-Christian Wagner
Bürgermeister


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